Zynisches Gesundheitsamt
Dieser Beitrag bedient sich einiger Überspitzungen und Übertreibungen, Übereinstimmungen mit realen Sachverhalten sind, soweit nicht belegt, purer Zufall. Personen unter 18 Jahren, über 70 Jahren, Magen-Darm- oder Herz-Kranke, sowie Personen, die in den nächsten drei Wochen etwas verzehren möchten, wird der Konsum des Textes nicht empfohlen.
(In Zeiten, in denen gefühlt jeder zweiter Blog abgemahnt wird, musste das jetzt sein)
Aus der Kategorie wirtschaftswissenschaftliche Theorien leicht erklärt heute: Die Prinzipal-Agent-Theorie (PAT). Dazu wird als plastisches Beispiel der sog. Gammelfleischskandal gereicht.
Die PAT behandelt einfach gesagt Vertragsbeziehungen zwischen besser und schlechter informierten Personen. Nehmen wir z.B. Max Mustermann. Max möchte eine Currywurst oder einen Döner bei einer Bude oder etwas Hackfleisch im Supermarkt kaufen, weiß aber nicht, welche Qualität das verarbeitete Fleisch hatte.
Der PAT zufolge wird Max nur bereit sein, einen durchschnittlichen Preis zu zahlen, da er auch nur eine durchschnittliche Qualität erwarten kann. Dadurch werden die Anbieter mit höherer Qualität und besseren Hygienevorkommen diese entweder senken oder fortan nur noch Skat klöppeln. Die Qualität sinkt, Max merkt das und damit sinkt auch seine Zahlungsbereitschaft, irgendwann ist nur noch der letzte Rest verfügbar.
Als Ausweg könnte sich Max die Verarbeitung hautnah zeigen lassen (sog. Screening), was aus verschiedenen Gründen hier nicht möglich ist, oder aber die besseren Anbieter könnten bspw. regelmäßige Kontrollen Unabhängiger durchführen lassen, um so ihre Qualität zu zeigen (sog. Signaling). Und wenn auch das nicht möglich ist, kann der Staat noch regulativ eingreifen, um eine Mindestqualität zu gewährleisten oder aber um die Anbieter sanft dazu zu bewegen, ihre Qualität offenzulegen.
Interessant ist nun die Staatsreaktion auf Mineralwasser, das extra für Säuglinge ausgewiesen ist, aber für diese den Grenzwert natürlicher radioaktiver Stoffe überschritten haben. In NRW wurde der Name des betroffenen Anbieters sofort genannt, in Bayern hat man sich erst ein wenig geziert, man wollte die Wirtschaft nicht schädigen. Gut, nun kann man als Eltern eines Säuglings alle bayrischen Wässer meiden, was sicher förderlicher für die Wirtschaft wäre... oder aber warten, bis den lieben Kleinen ein drittes Auge gewachsen ist und dann erfolglos den Staat verklagen (das wäre z.B. eine der Übertreibungen). Aber so ein Lebensmittelgrenzwert ist schließlich auch kein Reifenprofil und außerdem sind vermutlich höchstens Säuglinge betroffen.
Vertrauensfördernde Maßnahmen sind aber auch anderweitig möglich und werden nach jedem aktuellen Vorfall auch immer wieder gerne benutzt. Ich zitiere einfach mal aus der Netzeitung (der Text enthält noch ein paar mehr solcher Leckerchen):
Von 20 inzwischen untersuchten Döner-Proben seien 17 in einem «Ekel erregenden Zustand» gewesen, sagte der Münchner Stadtdirektor Horst Reif: Grünlich vor Schimmel, mit Erde und Grassamen verdreckt und mit Frostbrandspuren. Erste Analysen ergaben aber «keinen Hinweis auf eine Gesundheitsgefährdung», teilte das bayerische Landesgesundheitsamt mit.
Wie wohl der Gesundheitszustand der Damen und Herren vom Landesgesundheitsamt wäre, würde Ihnen nach dem Restaurantbesuch das betreffende Gericht in diesem Rohzustand gezeigt werden ? Vermutlich würden Sie sich bereits beklagen, wäre das argentinische Steak von einer Kuh, die Zeit ihres Lebens auf einer deutschen Hallig graste. Und das zurecht, schließlich wäre das abseits aller Gesundheitsbedenken noch immer noch Betrug.
Vielleicht sollte ich auch Kluntjes als Diamanten verkaufen, natürlich mit einem ordentlichen Aufschlag. Sollte man meine Diamanten einmal verschlucken wäre die Lebensgefahr schließlich geringer, sofern man nicht an Zucker leidet, und Sicherheit hat eben ihren Preis.
Und statt also auf eine der möglichen Weisen Anreize zu geben, die Informationsunterschiede zu senken, wird in der Praxis weiter lamentiert, ob der Verbraucherschutz noch zu retten ist oder ob man nicht lieber die Wirtschaft vor diesem "retten" sollte, statt ihn zu nutzen. Das ist dann der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
-- -- --
21,3°C / 87% / 1009 hPa
(In Zeiten, in denen gefühlt jeder zweiter Blog abgemahnt wird, musste das jetzt sein)
Aus der Kategorie wirtschaftswissenschaftliche Theorien leicht erklärt heute: Die Prinzipal-Agent-Theorie (PAT). Dazu wird als plastisches Beispiel der sog. Gammelfleischskandal gereicht.
Die PAT behandelt einfach gesagt Vertragsbeziehungen zwischen besser und schlechter informierten Personen. Nehmen wir z.B. Max Mustermann. Max möchte eine Currywurst oder einen Döner bei einer Bude oder etwas Hackfleisch im Supermarkt kaufen, weiß aber nicht, welche Qualität das verarbeitete Fleisch hatte.
Der PAT zufolge wird Max nur bereit sein, einen durchschnittlichen Preis zu zahlen, da er auch nur eine durchschnittliche Qualität erwarten kann. Dadurch werden die Anbieter mit höherer Qualität und besseren Hygienevorkommen diese entweder senken oder fortan nur noch Skat klöppeln. Die Qualität sinkt, Max merkt das und damit sinkt auch seine Zahlungsbereitschaft, irgendwann ist nur noch der letzte Rest verfügbar.
Als Ausweg könnte sich Max die Verarbeitung hautnah zeigen lassen (sog. Screening), was aus verschiedenen Gründen hier nicht möglich ist, oder aber die besseren Anbieter könnten bspw. regelmäßige Kontrollen Unabhängiger durchführen lassen, um so ihre Qualität zu zeigen (sog. Signaling). Und wenn auch das nicht möglich ist, kann der Staat noch regulativ eingreifen, um eine Mindestqualität zu gewährleisten oder aber um die Anbieter sanft dazu zu bewegen, ihre Qualität offenzulegen.
Interessant ist nun die Staatsreaktion auf Mineralwasser, das extra für Säuglinge ausgewiesen ist, aber für diese den Grenzwert natürlicher radioaktiver Stoffe überschritten haben. In NRW wurde der Name des betroffenen Anbieters sofort genannt, in Bayern hat man sich erst ein wenig geziert, man wollte die Wirtschaft nicht schädigen. Gut, nun kann man als Eltern eines Säuglings alle bayrischen Wässer meiden, was sicher förderlicher für die Wirtschaft wäre... oder aber warten, bis den lieben Kleinen ein drittes Auge gewachsen ist und dann erfolglos den Staat verklagen (das wäre z.B. eine der Übertreibungen). Aber so ein Lebensmittelgrenzwert ist schließlich auch kein Reifenprofil und außerdem sind vermutlich höchstens Säuglinge betroffen.
Vertrauensfördernde Maßnahmen sind aber auch anderweitig möglich und werden nach jedem aktuellen Vorfall auch immer wieder gerne benutzt. Ich zitiere einfach mal aus der Netzeitung (der Text enthält noch ein paar mehr solcher Leckerchen):
Von 20 inzwischen untersuchten Döner-Proben seien 17 in einem «Ekel erregenden Zustand» gewesen, sagte der Münchner Stadtdirektor Horst Reif: Grünlich vor Schimmel, mit Erde und Grassamen verdreckt und mit Frostbrandspuren. Erste Analysen ergaben aber «keinen Hinweis auf eine Gesundheitsgefährdung», teilte das bayerische Landesgesundheitsamt mit.
Wie wohl der Gesundheitszustand der Damen und Herren vom Landesgesundheitsamt wäre, würde Ihnen nach dem Restaurantbesuch das betreffende Gericht in diesem Rohzustand gezeigt werden ? Vermutlich würden Sie sich bereits beklagen, wäre das argentinische Steak von einer Kuh, die Zeit ihres Lebens auf einer deutschen Hallig graste. Und das zurecht, schließlich wäre das abseits aller Gesundheitsbedenken noch immer noch Betrug.
Vielleicht sollte ich auch Kluntjes als Diamanten verkaufen, natürlich mit einem ordentlichen Aufschlag. Sollte man meine Diamanten einmal verschlucken wäre die Lebensgefahr schließlich geringer, sofern man nicht an Zucker leidet, und Sicherheit hat eben ihren Preis.
Und statt also auf eine der möglichen Weisen Anreize zu geben, die Informationsunterschiede zu senken, wird in der Praxis weiter lamentiert, ob der Verbraucherschutz noch zu retten ist oder ob man nicht lieber die Wirtschaft vor diesem "retten" sollte, statt ihn zu nutzen. Das ist dann der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
-- -- --
21,3°C / 87% / 1009 hPa
Der Tester - 3. Sep, 16:37
1 Kommentar - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://dertest.twoday.net/stories/2618528/modTrackback